Lying on stony ground the fragments, Kirche St. Gertrud, Cologne, 2022
August 27 - September 11, 2022
Wie findet ein Körper Halt und Stand? Wo sucht er sich seinen Ort im Raum?
Auf welche Weise verbindet sich ein Körper mit anderen Körpern? Was sind die Folgen von Bewegung und Position?
Welche Räume legen Körper in Räumen frei und auf welche Weisen verändert sie damit den einst „archaischen“ Raum? Wo und wie kommen wir zusammen?
All dies sind Fragen, die sich uns heutzutage mehr denn je auch für die Zukunft stellen. Wie werden wir uns orientieren können bei aller Grenzüberschreitung in unbekanntes Gebiet und auf zu neuen Räumen und Orten? Welche Möglichkeiten ergeben sich dabei für menschlichen Aufenthalt?
Lying on stony ground the fragments - der von Madeleine Boschan gewählte Titel ihrer Ausstellung für Sankt Gertrud zeichnet als entnommenes Zitat aus dem Song „Strictly Confidential“, 1973, von Roxy Music, für die Fragilität und das Fließen von Zeit und Raum unseres Da- und Soseins in der Welt.
Der Song handelt von „magical moments“ – die sich gleichermaßen auch beim Gang durch die Ausstellung einstellen. Der Besucher* be- und durchschreitet einen offenen Ort der Vorstellungskraft, der existenzielle und subjektiv erfahrbare Dimensionen von Raum, Zeit und Bewegung eröffnet – entlang an fragil-monumentalen Körpern, deren Würde in Halt und Stand zunächst nur zögerlich zu trauen erscheint.
Die skulpturale Installation von Madeleine Boschan reagiert auf die verschachtelte, kristallin organische Struktur der Betonarchitektur von Gottfried Böhm und präsentiert stehende und liegende Elemente in Form von 60 und 90 Grad-Winkeln in Aluminium auf dem Boden. Im Wechselspiel verändern sich diese stets durch ihren einerseits schwarzen, andererseits weißen Anstrich, sowie formal einzig durch den Gang des Besuchers* und dessen implizite Empfindung in Bewegung. Insgesamt manifestiert sich ein topographisch fließendes Feld als initiiertes Wagnis für Unwägbarkeiten.
Die Skulpturen von Madeleine Boschan für Sankt Gertrud korrespondieren neben historischen und sinnlichen Bezügen auch mit dem Inneren der Kirche Sankt Gertrud, das auf verwinkelter Grundfläche fußt, die mehrfach vor-und zurückspringt, sowie auf die verschachtelten Winkel der hoch oben gelegenen Decke. In diesem formalen Kanon kongruieren Skulptur und Architektur in ihrer Veräußerung auf ein stets wahrnehmbares Inneres und Äußeres, was sinnlich-erfahrbar diverse Räume erzeugt. Erfahrungsräume, die sich einzig durch Bewegung im Raum für den Besucher* eröffnen.
Jene changierende Dynamik wird zudem von ihrer Filmarbeit, projiziert hoch oben in die Decke hinein, „ummantelt“ und wiederum in fließende Flächen gebracht. Lautlos schieben sich farbig flirrenden Blöcke in verschachtelten Bewegungsverläufen und kommunizieren dabei tänzerisch mit der verwinkelten Deckenkonstruktion. In ihren ablaufenden Vor- und Rückwärtsbewegungen entstehen korrespondierende Prozesse von Film und Architektur, sowie von Film zu Skulptur - Prozesse der Verschmelzung bis hin zur Loslösung.
kuratiert von jaglaproject
photos: Stefan Klonk